Noch ein neues Social Media? Ja. Aber dieses Mal lohnt es sich hinzuschauen – zumindest kurz. Bluesky wurde in den letzten Monaten in den Medien gefeiert, als „das bessere Twitter“, als „die offene Zukunft von Social Media“ und als Netzwerk, das vieles anders machen will. Aber was bedeutet das für dich als Schweizer KMU? Müssen wir uns jetzt auch noch damit beschäftigen – oder kann man Bluesky entspannt ignorieren?
Wir haben die Plattform, die Nutzer und das Marketingpotenzial genau angeschaut. Und geben dir hier die nüchterne, faktenbasierte Einordnung.
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Was ist Bluesky eigentlich – und warum reden alle davon?
Bluesky ist eine Microblogging-Plattform, ähnlich wie Twitter/X. Entstanden ist sie als internes Projekt von Jack Dorsey, dem ehemaligen Gründer von Twitter. Die Idee: Ein soziales Netzwerk, das offen, dezentral und werbefrei funktioniert. Keine manipulierenden Algorithmen, keine Tracking-Jagd, kein Engagement-Gaming. Einfach Menschen, Inhalte und Communities.
Kurz erklärt:
- Microblogging: kurze Texte, Bilder, Diskussionen
- Offenes Protokoll: langfristig sollen viele Server miteinander verbunden sein
- Custom Feeds: User können eigene Feeds bauen, die wie alternative Algorithmen funktionieren
- Keine Werbung: aktuell 100 % organisch
- Wachstum: über 40 Millionen registrierte Nutzer, aber nur rund 3,5 Millionen täglich aktiv
- USA dominiert: ca. 50 % aller Nutzer kommen aus den USA
Und wie steht Bluesky im Vergleich zu den bekannten Netzwerken?
- LinkedIn: Business-Plattform, klare Zielgruppen, klare KPIs → aktuell unersetzbar für B2B
- Twitter/X: riesige Reichweite, polarisiert, werbelastig
- Mastodon: dezentral, technisch komplexer, kleine Communities
- Bluesky: simpler als Mastodon, ruhiger als Twitter, aber noch weit weg von LinkedIn-Relevanz
Bluesky ist sympathisch, modern und progressiv. Aber ist es für Schweizer KMU's auch strategisch sinnvoll?
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Wer ist auf Bluesky unterwegs – und wen erreichst du dort?
Bluesky wurde vor allem von Early Adoptern erobert: Journalistinnen, Entwicklern, Kreativen, Aktivisten, Digitalleuten, Tech-Enthusiasten. Kurz: Menschen, die Onlinekultur lieben und neue Plattformen gerne zuerst testen.
Ein paar harte Fakten:
- Alter: ca. 56 % zwischen 18 und 34 Jahren
- Sprache: Englisch dominiert, Japanisch und Spanisch folgen
- Geografie: USA führen deutlich, DACH ist ein Randmarkt
- DACH-Anteil: Deutschland rund 4 %, Schweiz kaum relevant
- Business-Entscheider: aktuell kaum vorhanden
Und jetzt das Entscheidende:
Typische Schweizer KMU-Entscheider sind nicht auf Bluesky.
Keine CEOs aus der Industrie.
Keine Leiter aus B2B-Unternehmen.
Keine relevanten lokalen Communities.
Dafür aber:
- viele Journalistinnen und Medienhäuser
- viele Programmierer
- viele Menschen aus der digitalen Szene
- viele, die X/Twitter verlassen haben
Wenn deine Zielgruppe Entwickler, internationale Tech-Peers oder junge, digitale Communities sind – könnte Bluesky leicht spannend werden.
Wenn deine Zielgruppe Schweizer KMU, Handwerker, Hersteller oder lokale Konsumkunden sind – eher nicht.
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Marketing-Potenzial: Was Bluesky kann – und was nicht
Lass uns ehrlich sein: Marketing auf Bluesky funktioniert anders als auf LinkedIn oder Meta.
1. Keine Ads, kein Targeting, kein Tracking
Für Performance-Marketing ist Bluesky aktuell wertlos.
- keine Werbeflächen
- keine KPIs
- keine Conversion-Optimierung
- kein Targeting
- keine Analytics
Du kannst keine Leads generieren, ausser mit organischem Content und externen Links. Es ist ein reines Content- und Community-Netzwerk.
2. Reichweite ist klein, aber nicht verdorben
Bluesky hat einen Vorteil:
Links werden nicht bestraft.
Das macht die Plattform attraktiv, wenn du Blogartikel, Newsletter oder Whitepapers teilen möchtest. Alles wird 1:1 ausgespielt – ohne Algorithmus, der externe Links versteckt.
Aber:
Die Reichweite entsteht vorwiegend durch Repots (Reposts) und durch visuelle Feeds, die von Drittpersonen erstellt wurden. Das heisst, du brauchst erst einmal eigene Follower, damit du überhaupt gesehen wirst. Viralität gibt es, aber sie ist begrenzt.
3. Leadgenerierung: Indirekt möglich
Bluesky eignet sich eher für:
- Thought Leadership
- Expertenpositionierung
- Content-Testing
- Networking
- PR-ähnliche Effekte (weil viele Journalistinnen dort sind)
Das waren jetzt aber wieder mal viel zu viele Marketing-Buss-Words!!! 😂 also - das schreiben wir nochmals etwas anderst:
- Bluesky eignet sich vorwiegend für Firmen, die ihr Fachwissen zeigen möchten, indem sie Tipps, Einschätzungen oder Erfahrungen teilen.
- Es ist sinnvoll für Unternehmen, die sich als kompetente Ansprechperson in ihrem Bereich positionieren wollen.
- Auch wenn man neue Inhalte oder Ideen zuerst im kleinen Rahmen testen möchte, eignet sich Bluesky gut dafür.
- Ebenso kann die Plattform spannend sein, wenn man Kontakte zu anderen Fachleuten aufbauen will – besonders aus der Digital- und Tech-Szene.
- Und schliesslich kann Bluesky hilfreich sein für Firmen, die etwas mediale Aufmerksamkeit suchen, weil viele Journalistinnen und Journalisten dort aktiv sind.
Mit direkten Leads solltest du aber nicht rechnen.
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Was bedeutet das für Schweizer KMU konkret?
Hier kommt der Realitätscheck:
Für 90 % der Schweizer KMU: irrelevant - Warum?
- Zielgruppe nicht vorhanden
- keine Business-Communities
- kein ROI
- keine Ads
- kein skalierbares Wachstum
- Aufwand > Nutzen
Wir denken, KMU's sollten ihre Zeit und Energie in LinkedIn, Meta, Google und Website investieren – dort ist die Zielgruppe. Nicht auf Bluesky.
Für 10 % der Kunden: eventuell ein Experiment wert
Zum Beispiel:
- SaaS-Unternehmen
- Tech-Startups
- Entwickler-orientierte Produkte
- internationale B2B-Produkte
- Zukunftsthemen (AI, Open Source, Sustainability, Digital Trends)
Dort kann Bluesky ein kleiner Kommunikationskanal sein, um Early Adopters* zu erreichen.
Aber auch hier: vorsichtig, schlank, experimentell.
*Falls du dich fragst, was "Early Adopters"sind: Early Adopters sind Menschen oder Firmen, die neue Technologien, Trends oder Plattformen sehr früh ausprobieren – lange bevor sie beim breiten Publikum ankommen.
Wie geht GrowMedia damit um?
Wir bei GrowMedia beobachten Trends früh, aber mit gesundem Menschenverstand. Nicht jeder Hype wird zum Business-Kanal, und nicht jede Plattform passt zu Schweizer KMU.
Unser Ansatz:
- Wir testen selbst – klein, smart, ohne Stress
Wir bauen eine minimale Präsenz auf Bluesky auf, teilen relevante Insights und beobachten, welche Inhalte funktionieren.
- Wir raten KMU nicht zu blindem Aktionismus
Wir empfehlen keine Plattform, nur weil sie grad „cool“ ist.
Wir empfehlen sie, wenn:
die Zielgruppe dort ist,
es strategisch Sinn macht oder
es nachweislich Potenzial hat.
- Wir bleiben neugierig und kritisch
- Falls Bluesky Ads, Business-Tools oder europäische Wachstumsschübe bekommt – sind wir bereit. Und wir melden uns proaktiv bei Kunden, für die es plötzlich relevant wird.
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Unsere klare Empfehlung
**Bluesky beobachten: ja!
Ressourcen verschieben: eher nein.**
Was du jetzt tun kannst:
- Sichere dir deinen Unternehmensnamen und registriere dich – kostet nichts, verhindert Missbrauch.
- Einmal im Quartal checken, ob sich die Nutzerzahlen in DACH-Raum verschieben.
- Fokus behalten:
LinkedIn, Google Ads, Meta, SEO – das sind die Plattformen, die deinem Unternehmen heute wirklich Wachstum bringen.
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Fazit: Bluesky ist spannend – aber (noch) kein Pflichtkanal
Bluesky ist eine frische, sympathische, moderne Plattform. Sie zeigt, wie Social Media ohne Ads, ohne Manipulation und ohne Stress aussehen könnte. Das macht sie interessant – aber vor allem für Tech-Leute, Journalistinnen und digitale Communities.
Für dich als Schweizer KMU ist Bluesky Stand heute eher einen Blick wert, aber kein Gamechanger. Wer jetzt dort aktiv wird, tut das aus strategischer Neugier – nicht, weil es dringend wäre.
Quellen:
➡️ “Laut TechCrunch zählt Bluesky im Oktober 2025 rund 40 Millionen registrierte Nutzer, aber nur 3,5 Millionen täglich aktive User.”
➡️ “Swissinfo berichtete bereits Ende 2024 über einen starken Zuwachs, nachdem viele Nutzer Twitter den Rücken kehrten.”
➡️ “Analysen von SimilarWeb zeigen: Rund die Hälfte des globalen Traffics stammt aus den USA.”